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1836:
Heinrich Zschokke beschreibt die neue Gotthardstrasse
In seinem 1836 erstmals erschienenen Buch "Die klassischen Stellen der
Schweiz" beschreibt der Schriftsteller Heinrich Zschokke die neue
Gotthardstrasse (Auszug)
"... Sieben grosse und vier kleinere Brücken führen
über
die Abgründe mit sichern, kühnen Wölbungen.
Die erste
der Brücken schwingt sich in zwei Bogen beim Dörflein
Amsteg
... über die Reuss ... Der Blick durch die erhabenen,
steinernen
Bogen, thalabwärts, gewährt ein wunderbar liebliches
Bild der
Landschaft ... Man hielt ehedem den Weg über den Gotthard
für
eines der erstaunungswürdigsten Riesenwerke menschlicher Kraft
und
Kunst ... So ist's heute nicht mehr... Das berühmte Urnerloch,
jetzt bedeutend erweitert und heller geworden, übertrifft
keineswegs an Länge und Breite die mehrfachen Galerien vom
Simplon
... Wer in Bünden die Bernhardinstrasse mit ihrem "verlorenen
Loch", mit ihrer Via mala; oder wer den verwegenen Bau über
den
Stelvio bei Bormio sah, findet da nicht weniger zu bewundern, als am
Gotthard. Hingegen der Wechsel von angenehmen, landschaftlichen
Parthien mit den entsetzlichsten Wildnissen; der Kontrast freundlicher
Hütten neben Bächen und Bäumen ... mit
schwindelerregenden Abgründen, in deren Tiefen der
schäumende
Strom zwischen Trümmern des Urgebirgs quillt, wird wohl von
keiner
der andern Alpenstrassen übertroffen ... Man erblickt den
Strom
der Reuss, statt tief unter den Füssen, vor sich drohen ...
zerschellend im finstern Geklüft, steigt er als Wasserstaub
gespenstisch unter dem hohen Bogen der Teufelsbrücke wieder
auf
... Und wie der Wanderer, nach etwa hundert Schritten, aus der
Dämmerung des Urnerlochs an's Licht des Tages hervortritt,
umfängt ihn eine neue Welt ... Man atmet in dieser grossen
Abgeschiedenheit von der übrigen Welt,
fünfeinhalbtausend
Fuss hoch über dem Meere, die reinsten Lüfte. Es ist
das Thal
Urseren. " (Quelle Chronik der Schweiz / ex libris / Chronik
Verlag)
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